Gute Schulpolitik ist mehr als gutes Abschneiden in den MINT-Fächern
Ich bin 1994 von Baden-Württemberg nach Sachsen gezogen und habe dort mein Lehramtsstudium beendet, als Lehrerin und in der Lehrerausbildung gearbeitet und außerdem vier eigene Kinder in deren Schullaufbahn begleitet. Ich habe erlebt, wie in Sachsen die politische Bildung zugunsten der sogenannten MINT-Fächer immer mehr verdrängt wurde, wie der Vermittlung demokratischer Werte eine immer unbedeutendere Rolle im Schulalltag zugewiesen wurde. Die AfD hat bei den U18-Wahlen im Vorfeld der sächsischen Landtagswahlen 2019 als zweitbeste Partei bei den jugendlichen WählerInnen abgeschnitten, alle diese Jugendlichen haben das sächsische Bildungssystem durchlaufen.
Wir haben uns als Familie 2017 gerade auch aufgrund dieser Mängel des sächsischen Schulsystems entschieden, nach Angeln zu ziehen. Unsere Kinder besuchen hier das Gymnasium. Fast jeden Tag fühlen wir uns in unserer Entscheidung bestätigt: wenn die Kinder beispielsweise von der Wertschätzung gegenüber der SMV-Arbeit berichten, von der Vermittlung eines respektvollen Umgangs untereinander, von der von Schülern gestalteten Ausstellung zum 9. November, oder von der politischen Diskussionsrunde für die Oberstufe mit Vertretern aller politischer Parteien.
Vielleicht wäre es an der Zeit, gute Schulpolitik nicht nur anhand der Schülerleistungen in den MINT-Fächern zu bewerten, sondern daran, mit welchem Demokratieverständnis, mit welchen Umgangsformen (auch gegenüber Minderheiten) und welchem Gesellschaftsbild unsere Kinder von der Schule gehen und damit unsere Zukunft gestalten.
Dr. Uta Strewe • Mittelangeln